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Christin Henkel

Bei der Bergrheinfelder Kulturwoche ist der Donnerstag der Abend der Wahl für alle Freundinnen und Freunde von komödiantischer Unterhaltung. Hier, irgendwo zwischen Kabarett und Chanson, trat Christin Henkel mit ihren schwarzhumorigen, gesungenen Texten auf die Bühne.

Als Christin Henkel lächelnd die ersten Takte am Klavier anstimmte, war die Stimmung im Zehnthof nach wenigen Minuten wie bei einem Popkonzert. Für die Musikerin war es fast ein Heimspiel, denn sie stammt aus dem thüringischen Untermaßfeld, dem fränkisch geprägten Süden Thüringens. So war es für ihren Vater ein Leichtes, sie bei diesem Konzert auf der Gitarre zu begleiten.

Pointierte Mini-Geschichten und Beobachtungen

Dass es die Sängerin faustdick hinter den Ohren hat, bewies sie bereits mit ihrem ersten Lied. Ein Liebeslied sollte es zum Auftakt sein, klang auch so bis zum Refrain: „Nur mit dir fühl ich mich wohl – Aperol.“ Sie wohnt mit ihrer Familie in der Münchner Maxvorstadt. Doch stellt sich eine Frage, die sie dort umtreibt: Wie komme ich in München an eine schöne Wohnung? Die Lösung verriet sie in „Maxvorstadt Baby“.

Christin Henkel zog das Publikum mit ihrer sympathischen Art und ihrem Talent mühelos in den Bann. Man war gespannt, was als Nächstes kommt. Es waren die kleinen Beobachtungen und Mini-Geschichten, mit deren Pointen die Zuhörerinnen und Zuhörer niemals gerechnet hatten, wie beim „Renault Scenic“ oder dem Aussteiger mit Esel in „Der ganze Aufwand“, der 10.000 km zu Fuß durch Asien vor sich hat. „Achtsam am Ar...“, über „Infaulenzer“, wie Hafer Hannes und Dinkel Dörte, „alles in – draußen ist Corona und drinnen bist du“, über die Probleme beim Home-Office, oder „Beige“ – die aktuelle Trendfarbe bei den Mitdreißigern und Birtes Problem mit Unverträglichkeiten und Alkohol. Auf sehr amüsante Art und Weise brachte Henkel in ihren Liedern auf den Punkt, worum sich der Alltag einer wohlstandsverwöhnten Generation dreht.

Christin Henkel erzählte in ihren Liedern mal heitere, mal melancholische Geschichten über herrlich absurde Begebenheiten des Alltags und über junge Menschen, denen es in der eigenen Filterblase immer noch am bequemsten erscheint. Mit schwarzem Humor erzählte sie die Geschichte von Leopold, dem Sohn reicher Eltern, der alles bekommt, nur keine Zuwendung. „Leopold, Leopold, warum wirst du nicht abgeholt?“, so der Refrain aus der Kita.

Die Liedermacherin Christin Henkel ist schwarzhumorig, das gibt ihren Liedern eine besondere Note. Heiter und lieblich wirken ihre Songs über Karriere, das Erwachsenwerden, Heimatgefühle und Großstadtliebe auf den ersten Blick, bis die erste bitterböse Liederzeile erklingt. „Komm zurück nach Thüringen“, besingt sie den Wunsch ihrer Mutter. Doch dieser wird wohl unerfüllt bleiben, obwohl es immer frischen Kuchen und sonntags Klöße gibt. Dabei beherrscht sie alle Gefühle, von komisch über gemein bis einfühlsam. Sie baute auch bei „Surflehrer Klaus“, der an Burnout leidet, Lokalkolorit ein, denn Klaus wünschte sich statt immer nur Surfen einen „Nine-to-five“-Job bei einer Bank in Schweinfurt.

Sie sieht nur aus wie eine Prinzessin

„Frängisch“ verabschiedete sie sich vom Bergrheinfelder Publikum. „Frängisch ist der erotischste Dialekt“, betonte sie. Doch wenn man jemanden kennenlernt und „drückt sich frängisch aus, dann wird bestimmt nichts draus“, sang sie lachend. Am Ende gab es großen Beifall, mit Rufen nach Zugaben, die sie gerne gab.

„Sie ist die Märchenfee, die gern nachtritt. Christin Henkel sieht aus wie eine Prinzessin, aber wenn sie am Klavier ihre Songs singt, weiß man irgendwie: Es wird wehtun, wenn's auch noch so schön klingt“, beschreibt MDR-Kultur die Sängerin. Dem ist nichts hinzuzufügen.

 

(Text: Horst Fröhling, Fotos: Georg Kestler)